Gerade erschienen:
Hinz, Felix; Körber, Andreas (Hg.) (2020): Geschichtskultur – Public History – Angewandte Geschichte. Geschichte lernen und Gesellschaft. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. ISBN: 978–3‑8252–5464‑3
Kategorie: Uncategorized
“What is historical thinking” — Blogserie des Kollegen Lindsay Gibson aus Vancouver Kanada)
Monuments and Memorials — A tabular instrument for analysing (still incomplete)
Introduction:

Reference:
Körber, Andreas (2014): De-Constructing Memory Culture. In: Helle Bjerg, Andreas Körber, Claudia Lenz und Oliver von Wrochem (Hg.): Teaching historical memories in an intercultural perspective. Concepts and methods : experiences and results from the TeacMem project. 1. Aufl. Berlin: Metropol-Verlag (Reihe Neuengammer Kolloquien, Bd. 4), 145–151 + CD-File.
Reenactment: Nostalgische Sinnbildung per symbolisch-enaktiver “Wiedereinsetzung in den vorigen Stand”. Zur Logik und Typologie historischer Sinnbildung und ihrer (partiellen) Suspendierung im Reenactment.
Einleitung
Über Reenactments als Geschichtssorte 1 werden in letzter Zeit viele analytische Untersuchungen publiziert. Dazu gehört auch das (sehr empfehlenswerte) neue Buch von Ulrike Jureit, in welchem sie anhand unterschiedlicher Reenactments jeweils einen systematischen Aspekt der performativen Vergegenwärtigung von Vergangenheit erörtert. 2 An einer Formulierung daraus möchte ich kurz einen Aspekt zum Charakter historischer Sinnbildung in Reenactments aufzeigen.
Narrative Begriffe
In Jureits Kapitel über Reenactments des Amerikanischen Bürgerkriegs heißt es:
“In der geschichtskulturellen Debatte über Ursachen und Ziele des Amerikanischen Bürgerkriegs verengt sich die Kontroverse gegenwärtig darauf, welche Rolle die Sklaverei und ihre Abschaffung beziehungsweise ihre von der Konföderation angestrebte Beibehaltung für den War between the States spielte. Die internationale Forschung hat dazu bereits zahlreiche Studien vorgelegt, die den Civil War in erster Linie als einen für das 19. Jahrhundert typichen Staats- und Nationsbildungskrieg kennzeichnen.” 3
An der hier zitierten Charakterisierung des Krieges lässt sich gut eine Spezifik historischer Sinnbildung aufzeigen: Begriffe dieser Art, welche Ereignisse bzw. Ereigniskomplexe einer bestimmten Ausprägung einer Typologie zuordnen, sind alles andere als rein typologisch. Sie sind selbst narrativ, insofern sie in der Dichte eines einzelnen Terminus einen Verlauf verdichten, der über das Ereignis hinausreicht. Solche Begriffszuweisungen sind nur retrospektiv möglich, in hindsight. Zum einen lässt sich erst in diesem Rückblick das Ereignis “Amerikanischer Bürgerkrieg” überhaupt gänzlich fassen.
Selbst wenn bereits zeitgenössisch eine Bezeichnung als ein Bürgerkrieg benutzt worden sein sollte, musste sie in der konkreten Abgrenzung wenig sicher und unklar bleiben. Zeitgenössisch sind denn — wie Jureit auch vermerkt — 4 ganz andere Bezeichnungen verwendet worden, so “War between the States” aus konföderierter Perspektive (die Sezession voraussetzend und die Normalität und Legitimität des Konflikts als zwischenstaatlich betonend) bzw. “Rebellion” — nicht nur die Unrechtmäßigkeit, sondern auch die Innerstaatlichkeit, d.h. die eigentlich weiterbestehende Zusammengehörigkeit hervorkehrend.
Jeder dieser Begriffe erzählt somit eine andere Geschichte. “War between the States” setzt zunächst eine tatsächliche Abspaltung an den Beginn, “Rebellion” leugnet ihre Tatsächlichkeit. Aber der wissenschaftliche Begriff des “(typischen) Staats- und Nationsbildungskriegs” rekurriert neben der abschließenden Abgrenzung des Ereigniskomplexes noch auf mindestens zwei weitere Elemente: Zum einen eine Regelhaftigkeit solcher Prozesse, wenn nicht über alle Zeiten, so doch innerhalb einer Zeitspanne (hier 19. Jh.), zum anderen aber auf die Kenntnis der Wirkung und des Nachlebens des Abgeschlossenen Konflikts. “Nationsbildungskrieg” kann nur sein, was der Nationsbildung geholfen hat. Dem tun auch bereits im Krieg erkennbare Bestrebungen keinen Abbruch, genau eine solche Nationsbildung explizit anzustreben — wie etwa schon in Lincolns Gettysburg Address vom 19. November 1863 erkennbar. 5
Im vollen Sinne aber setzt die Qualifikation des Krieges als “Staats- und Nationswerkungskrieg” nicht nur die erkennbare Absicht, sondern die entsprechende Wirkung voraus. Für die Zeitgenoss:innen der Auseinandersetzung — sei es als Politiker, Soldaten, Angehörige — aber kann der Konflikt diese Qualität nicht gehabt haben. Für sie war es ein Konflikt nicht nur mit offenem Ausgang, sondern auch mit erhofften und befürchteten, nicht aber mit garantierten oder eingetretenen Wirkungen.
Bei den Reenactments von Schlachten dieses Bürgerkriegs nun mischen — nein: kombinieren und durchdringen — sich nun die unterschiedlichen Perspektiven und ihre Narrative — und sie tun es gewissermaßen “schief”: Auf kleinem Maßstab — also mit hohem Abstraktionsgrad — überwiegen Betonungen von Gemeinsamkeit und Versöhnung. Sie implizieren zudem die Anerkennung des tatsächlichen Ergebnisses, weshalb sie auf größerem Maßstab (also bei Betrachtung einzelner Gebiete, Schicksale, in einzelnen kleineren Erinnerungsformen) aus Unionsperspektive auch überwiegen dürfte, wogegen auf dieser selben Ebene Narrative des “Lost Cause”, der Verursachung des Krieges durch die Negation der “States’ Rights” etc. eher bei Anhängern konföderierter Sichtweisen vertreten sein dürften.
Reenactments: Spannung zwischen narrativer Retrospektive und ihrer Suspendierung
Gleiches findet sich im Reenactment. Es gibt Beispiele dafür, dass Darsteller*innen ihre zu spielenden Truppen nicht nach ihrer eigenen Interpretation des Krieges auswählen, sondern aus deutlich pragmatischeren Gründen — etwa Wohnortnähe. Das stützt die Interpretation, dass es um das Erinnern an die von Nord- und Südstaaten(soldaten und ‑bewohner:innen) gemeinsam durchlittene Prüfung geht. Es kommt der Interpretation des “Second Birth” und der retrospektiv attestierten Nationsbildungswirkung am nächsten.
Gleichzeitig aber hat Reenactment auch eine zumindest partielle Facette der Aufhebung des retrospektiven Wissens und somit der aus hindsight erstellten oder bestätigten Charakterisierung des Krieges. Im Erleben des wiedervergegenwärtigten Kampfes — insbesondere bei den Tacticals, welche nicht einen realen Ablauf abbilden, sondern quasi ergebnisoffen ‘ausgefochten’ werden, findet sich so etwas wie eine symbolische und psychische “Wiedereinsetzung in den vorigen Stand” (um eine juristische Formulierung zu entlehnen).

In diesem Sinne ist in Reenactment zumindest partiell als eine symbolische Suspendierung der Retrospektive und retrospektiver Sinnbildung zugunsten einer suggestiv-immersiven Wiederinkraftsetzung der Offenheit zu erkennen. Dies erzeugt natürlich eine unauflösbare Spannung, denn aus der Retrospektive können Aktive natürlich nicht wirklich austreten. Zudem kann keineswegs vorausgesetzt werden, dass die imaginierten Vergangenheiten zwischen den einzelnen Aktiven wirklich kompatibel wären. Das eine gemeinsame Agieren hat dabei eine besondere Bedeutung der Authentifizierung.
Der Gleichzeitigkeit unterschiedlicher individueller sowie (teil-)gesellschaftlicher und politischer Bedürfnisse und Motive entprechend dürften bei Reenactment-Ereignissen ganz unterschiedliche Kombinationen narrativer Formen historischer Sinnbildung nebeneinander und ineinander verschränkt im Spiel sein — und zwar sowohl zwischen Beteiligten (Organisator:innen, Akteur:innen, Zuschauer:innen und Außenstehenden) als auch im Denken und Handeln (aller?) einzelner. Letzteres deutet keineswegs auf eine Art historiographischer bzw. historisch denkender Inkonsequenz oder ‘Schizophrenie’ hin, sondern ist durchaus ein Merkmal allen historischen Denkens.
Konsequenzen für die Sinnbildungstypologie?
Historische Darstellungen und Aussagen, folgen selten einem einzigen Sinnbildungsmuster, sondern kombinieren zumeist mehrere, wie schon bei der Entwicklung der Typologie Jörn Rüsen festgestellt hat. 6 Es kommt daher sowohl für eine Charakterisierung und Interpretation weniger auf eine “Reinheit” der Erzähl- und Sinnbildungsmuster an als auf die narrative Triftigkeit gerade auch der Kombinationen. Diese können etwa sequentiell miteinander verknüpft werden. 7
Ebenso ist aber auch eine Parallelisierung denkbar. Gerade in den eher nach innen gerichteten Facetten der nacherlebenden Qualität von Reenactments ist zuweilen eine solche Verschränkung zweier Sinnbildungsmuster zu einer charakteristischen Kombination zu erkennen. Zusammengefasst kann man sie auch als “nostalgische Sinnbildung” bezeichnen: Dem ‘immersiven’ Nacherleben einer vergangenen Situation oder Lebensweise wird die Qualität eines Ausstiegs aus einer als belastend empfundenen Gegenwart zugeschrieben. Die Vergangenheit wird dieser Gegenwart positiv gegenübergestellt. So verbindet sich im Wunsch der Fortgeltung damaliger Lebensverhältnisse eine ins normativ-optativ verschobene traditionale Sinnbildung mit einer desktiptiv-genetischen in der Anerkennung ihrer seitherigen (negativen) Veränderung.
Ob hinsichtlich der ersteren von einer ‘Verschiebung’ der Sinnbildung gesprochen werden sollte, muss weiter diskutiert werden. Man kann auch grundsätzlich postulieren, dass alle Sinnbildungen nicht nur in positiv-affirmativer Form und zwei kritischen Varianten vorkommen 8, sondern auch jeweils in deskriptivem und normativem bzw. optativem Modus. Eine solche Erweiterung des Sinnbildungsmodells passt insofern zur theoretischen Begründung historischen Denkens als Orientierungsleistung, als der deskriptive Modus zur Domäne der ‘Naturzeit’ und der normative/optative/hypothetische Modus hingegen zu derjenigen der ‘Humanzeit’ gehört. 9
Historisches Denken und Erzählen charakterisiert sich dann keineswegs allein durch die Kombination und Verschränkung von Erzählmustern unterschiedlichen Typs im rein deskrptivem Modus, nicht nur als eine Sinnbildung über manifeste und geahnte Zeiterfahrung, sondern insbesondere aus als ein Modus der sinnbildenden Verbindung zeitbezogenen Erkennens und Verarbeitens mit entsprechendem Wünschen, Phantasieren etc. Dies scheint sich gerade an solchen Geschichtssorten (also geschichtskultureller Verarbeitungsformen) zu zeigen, die ein hypothetisches Agieren in einer symbolisch ‘wiedereingesetzten’ Vergangenheit ermöglicht.
Enaktivität als handelnde Suspendierung der narrativen Retrospektive
Das allerdings legt es nahe, die nicht nur kognitive, sondern körperlich-räumliche Facette dieser Geschichtssorten eher als ‘enaktiv’ denn als ‘performativ’ zu bezeichnen. Das ist durchaus konsistent mit Matthias Meilers linguistischer Herleitung des Wortpartikels “enact” im Begriff “Reenactment” aus der angelsächsischen Verwaltungssprache. 10 Demnach geht die Bezeichnung “to enact” auf die Bezeichnung für einen Rechtsakt zurück, in dem ein Beschluss, ein Gesetz o.ä. “in Kraft gesetzt” wurde. “Re-enact-ing” ist demnach das Wiederinkraftsetzen der Offenheit der Situation — und im Fall von Schlachten-Reenactments vielleicht auch mit der Hoffnung auf die Möglichkeit einer (ebenso symbolischen) Neuschaffung von Tatsachen. 11.
Damit wäre zudem der Tatsache Rechnung getragen, dass sich diese Qualität ja gar nicht so sehr auf eine nach außen — auf ein wie auch immer geartetes oder vorgestelltes Publikum — richtet, sondern als wesentliche Facette der Qualifizierung der Situation und ihres Sinns auf die Agierenden selbst. Komplementär zur oben zitierten linguistischen Herleitung aus der englischen Verwaltungssprache wäre damit die Bedeutung des Agierens für die Konstruktion historischen Sinns angesprochen, wie etwa im Konzept des “Enaktivismus” der konstruktivistischen Kognitionswissenschaft (etwa nach Francisco Varela) die spielerische „Koinszenierung von Wahrnehmenden und Wahrgenommenem“ begriffen wird, die gerade nicht eine reine autopoietische Erzeugung einer Vorstellung ohne jeglichen Bezug auf eine Wirklichkeit meint, sondern den kreative Entwurf derselben als Bild. 12
Das ist durchaus kompatibel mit historischem Denken als Re-Konstruktion einer zwar als gegeben vorausgesetzten, nie aber beobachterunabhängig erkennbaren Vergangenheit. Insofern ist Re-Enactment eine Form re-konstruktiven historischen Denkens. Das unterscheidet sie etwa von äußerlich und hinsichtlich einiger Organisationsformen vergleichbaren Events und Subkulturen wie LARP und auch Science-Fiction-LARP 13, aber auch von “literarischem Reenactment”. 14 Beiden kommt nur indirekt auch historische Qualität zu, insofern in ihnen a) an fiktionalen Beispielen auch außerhalb der Fiktion gültige Lebensverhältnisse und Denkweisen präsentiert werden (bei Inszenierungen von Romanszenen geht es dann nicht um die konkreten Figuren und ihre Geschichten, wohl aber stehen sie für bestimmte Zeittypiken) und b) mit ihnen Welt- und Gesellschaftsbilder (inklusive Zukunftsvorstellungen) vergangener Autor:innen wiederbelebt werden. Wer “Star Trek” spielt, spielt ja nicht einfach Zukunft, sondern ggf. die Zukunftsvorstellungen der 1960er Jahre (allerdings ggf. mit den Aktualisierungen gem. der ja fortgesetzten Reihe).
- Vgl. Logge, Thorsten: “History Types” and Public History. In: Public History Weekly 2018 (2018). [↩]
- Jureit, Ulrike: Magie des Authentischen. Das Nachleben von Krieg und Gewalt im Reenactment. Göttingen 2020 (Wert der Vergangenheit). [↩]
- Jureit 2020, S. 57, mit Verweisen auf McPherson, Sautter und Keegan. [↩]
- Jureit 2020, S. 58, FN 57. [↩]
- Auch dies reflektiert Jureit in einiger Ausführlichkeit wegen der dort erkennbaren Stiftung eines versöhnenden Sinns des Krieges als gemeinsam erlittene Herausforderung; Jureit 2020, S. 53 u. 61ff). [↩]
- Rüsen, Jörn: Lebendige Geschichte. Grundzüge einer Historik III: Formen und Funktionen des historischen Wissens. Göttingen 1989 (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1489), S. 42, 57. [↩]
- Ein Beispiel: Erzählungen eines gesellschaftlichen Fortschritts in technischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht sind oftmals keineswegs allein dem Typ genetischer Sinnbildung zuzuordnen. Sie kombinieren diesen vielmehr mit traditionaler Sinnbildung insofern, als der gerichteten Entwicklung ein Ursprung zugeschrieben wird, — etwa in den Entdeckungen der Renaissance und der Überwindung eines rein religiösen Weltbildes im Humanismus oder einer Erfindung als eher punktuelle Ursprünge für eine nachfolgende gerichtete Entwicklung. [↩]
- Vgl. Körber, Andreas: Historische Sinnbildungstypen. Weitere Differenzierung. http://www.pedocs.de/volltexte/2013/7264/., nämlich einer auf Ersetzung der konkreten Erzählung durch eine gleichen Typs zielende ‘innere’ Kritik und eine, welche die narrative Logik der Sinnbildung selbst kritisiert. [↩]
- Vgl. Rüsen, Jörn: Historische Vernunft. Grundzüge einer Historik I: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft. Göttingen 1983 (Kleine Vandenhoeck-Reihe 1489), S. 51. [↩]
- Meiler, Matthias: Über das ‑en- in Reenactment. In: Reenactments. Medienpraktiken zwischen Wiederholung und kreativer Aneignung. Hrsg. von Anja Dreschke, Ilham Huynh, Raphaela Knipp u. David Sittler. Bielefeld 2016 (Locating media 8). S. 25–42. [↩]
- Dass zuweilen solche Reenactments auch mit dem Begriff des “Rematches” verbunden und angekündigt werden, deutet darauf hin. Vgl. z.B. zur Schlacht von Hastings: Ungoed-Thomas, Jon (15.10.2006): “1066, the rematch: Harold loses again.” In: The Times (15.10.2006). [↩]
- Vgl. Weber, Andreas: Die wiedergefundene Welt. In: Schlüsselwerke des Konstruktivismus. Hrsg. von Bernhard Pörksen. Wiesbaden 2011. S. 300–318, S. 206. [↩]
- Vgl. z.B. Engelhardt, Michael: To boldly go … – Star Trek-LARP in unendlichen Weiten. In: TeilzeitHelden. Magazin für gespielte und erlebte Phantastik (27.11.2015).[↩]
- vgl. Knipp, Raphaela: Nacherlebte Fiktion. Literarische Ortsbegehungen als Reenactments textueller Verfahren. In: Reenactments. Medienpraktiken zwischen Wiederholung und kreativer Aneignung. Hrsg. von Anja Dreschke, Ilham Huynh, Raphaela Knipp u. David Sittler. Bielefeld 2016 (Locating media 8). S. 213–236. [↩]
Commemoration and Types or Patterns of Historical Meaning-Making (Narrating)
(This is a text from last year’s discussion with Stéphane Lévesque and Gabriel Reich on narrative patterns’ role in reflecting on monument and memorial policy. I never got round to finishing ist. Sorry for the delay.)
In their texts and in the earlier discussion (first on Public History Weekly: Lévesque, Stéphane (2018): Removing the Past?, then on Active History CA: A new approach to debates over Macdonald and other monuments in Canada, Part 1 and Part 2), Lévesque suggested a model of different levels of historical competencies following Jörn Rüsen’s typology of narrative patterns.
While I agree that there is a lot of plausibility in a sequential development of these types of narrating throughout (Western) history, and that the genetic type is the most complex and advanced one, I don’t find much plausibility in the idea that in the development of student’ thinking within their lifetime, the traditional type should have any priority to the other ones. Instead, I think that students encounter full-fledged narratives as well as simple statements of all types simultaneously from the beginning, and will acquire them alongside each other — but only gradually learn to recognize them for what they are, grasping their logic.
Consider the following graph:
© Andreas Körber 2018
It is to visualize the idea that increasing recognition of change in historic time (the x‑axis) first leads to the development of the traditional type (asking for the origin of the currently valid, in cloud 1), then the experience that what has originated can also perish again and therefore asking for origins is not enough, lead to the development of the exemplaric type, asking for patterns and rules behind the change on the surface (cloud 2), and only modern experience of increased/accelerated change then led to the development of the genetic type, asking for the direction.
Each of these patterns leads to different expectations for the future. Initially (green perspective), the future may seem quite similar from the present. What is perceived as having begun, stays valid. Only from the (later) blue perspective, a pattern seems discernible, leading to the expectations that the future will also yield similar patterns of events as are detected in the past. From the (still later) orange perspective, an (additional?) increase in their “magniture” can be perceived and its continuation be expected.
The graph also is to show that the rules and patterns as well as ideas of origins have not been rendered obsolete by each new type, but are superimposed or integrated into it.
I use this graph in my lecture. I now have added the small arrows. They are to indicate the learning-necessities of a person within a relatively short time-span of life or even youth. While in pre-modern times, they only encountered the then-developed patterns (if the model is valid), in modernity, they will have to use all patterns simultaneously, in order not make sense differentially.
The idea of a homology is problematic in another way, also. It might suggest that people in antiquity (or pre-modern-times) were developed rather like children or youths, not really grown-ups. This idea is not new, but is very problematic. As you might be aware of, Rudolf Steiner, founder of anthroposophy, suggested that the “ancient” Greek had a mental age of about 7‑years-olds. And there was a very influential German “didact” of history in the 19th century (Friedrich Kohlrausch), who combined a similar idea of the homological development in the way people conceived “god” with that of becoming of age. So only the modern man was really “grown up” (and is was the Germans who did so — very nationalist).
Because of Rüsen’s idea of a “homology” in the sequence of development of narrating types between mankind (phylogenesis) and individuals (ontogenesis), Bodo von Borries (and I as assistant to him) did a large-scale research in the early 1990s, were we presented students with items of different typological logic to dilemma-situations, like Rüsen himself has used for qualitative research and for explaining the narrative types. We did find a predominance of agreement to “traditional” items with 6th-graders (abt. 11 yrs), but found no linear development. In fact, 9th-graders seemed even to regress. All this is published in German only, I fear.
I would strongly suggest to distinguish between the historical development and hierarchy of these patterns on the one hand and progression in learning on the other hand, for which I suggest the third dimension.
As for Lévesque’s revised table of competencies in a further comment in PHW and his evaluation that Gabriel Reich is correct in that the genetic type provides no solution to the question of whether to keep or get rid of monuments: Do these types really lead to specific political positions — especially if they are always combined? Or do they rather characterize part of their underlying understanding? I think there are different positions and solutions possible by each narrative. The value of the differentiation of types of meaning making and narration is rather analytical than prescriptive.
And that is also the pedagogical value: I think these typologies (your table and mine) can be used for classifying and discussing statements of people in the political debate. It will enhance students ability to recognize the logics behind specific political stances. And it may well show that both suggestions of keeping and of getting rid of can be underpinned by different types of narrative, but that would generate maybe different policies:
Take an example from Gabriel Reich’s patch, again: civil war monuments in Richmond.
One could argue for keeping the statutes on Monument Avenue on grounds of purely traditional thinking: to mark the origins of the specific state of things. This is both possible in partisan ways (only “our” heroes), but also in a more “inclusive” form, asking for such monument of both sides to be presented, to mark the origin of the countries “division”. Equally in traditional mode (but with different political background), one might call for their removal. If you hold that the division they mark is no longer given, they might be removed.
In exemplaric mode (as I opined earlier), one could speak out for the preservation of the monuments on the grounds that they exemplify a certain time and culture which we can still consider as “overcome”, but one can also argue for their removal because they represented outdated or politically non-supportable relations to the past, and that our time needs to find new ones, not “progressed” ones, but such which reflect the “characteristics of our time”.
I do agree that to hold a specifically genetic view makes it hard to envision the whole question as one of keeping vs. removing, — but it doesn’t exclude it to the full extent.
If people are thinking predominantly in genetic mode, experiencing the country to having overcome that division, they object to a traditional logic they perceived the monuments to have. In this case, it would be the tension between one’s own genetic mode of thinking and that perceived in the monuments, which would generate a political position.
If the genetic perspective was upon how to improve commemoration, one might ask for making such commemorations “more inclusive”. This may have been behind erecting a monument for Arthur Ashe among the confederate generals — not a very consistent move, though, given that is merely additively combines monuments. In fact, it creates a “memorial landscape” of a rather complex narrative structure, part of which is traditional (“heroes”) and exemplary (“each group”), but by doing so enforces a new kind of traditionality (keeping the racial groups apart, assigning each “their own” tradition to hold up). So the intended “progress” by inclusivity (“An avenue for all people”) may in fact have created a multi-traditional narrative. 1
But there are other possible solutions suggested by genetic thinking. The concept of past people being “children of their own time” is as genetic as it can get, referring to a fundamental change in time, so that morals and actions might be considered incommensurable across times. This concept has been used for exonerating past peoples views and actions. On this ground, one might call it “useless”. But it isn’t. Genetic historical thinking entails both — to recognize the temporal change and moral and political contexts for past actions different from ours, AND to recognize that our own context is valid, too.
From this point of view, it may underpin a present position transgressing the “keep/remove”-divide, namely to find ways of memorializing civil war “heroes” (and/or “villains” that is) that do NOT inadvertently invite for traditional or exemplaric heroic reading, but specifically marks the distance of time.
It is imperative, this thinking goes, to keep these memorials, but not as heroic marks to the past or as ambivalent markers. One should not just remove them, for that would put into oblivion not only the past, but also the whole discussion and reflections, the uneasiness about its representation which sparked the discussion in the first place. Genetic thinking would not be content to just remove the heroism (especially that of the wrong, side) with the effect to have no memory at all, but would call for a memorialization which specifically marks the change between that time and ours today.
Again, take a Hamburg example. In an earlier contribution to this discussion I already hinted to counter-memorialisation. One of the best examples is here in Hamburg-Altona:

Next to Altona’s St. Johannis Church, a monument had been erected in 1925 for the members of the 31st Infantry Regiment in WW1, commissioned by survivors of that regiment. Each of the three sides of the column-like monument made of clinker features an oversized, half-naked figure, representing a warrior with some antique weapon.
The inscription below reads “To the fallen for a grateful memory, to the living for a reminder, to the coming generations for emulation.” 3. Clearly a very traditional proto-narrative, both extending the own warriorship of the soldiers into antiquity and calling for its emulation, lacking any transcendence. The formula was coined by August Böckh for Friedrich Wilhelm III of Prussia, and was used on monuments remembering the “liberation wars” against Napoleon, but also later on those for the “unification wars” of 1870/71. After the losses of millions in WW1, its usage — especially of the third element — is remarkable, albeit not alltogether uncommon 4.
In the mid-1990s, the church’s congregation commissioned a counter-memorial, created by Rainer Tiedje, consisting of three acryl-glass-plates, each directly confronting one of the warriors, depicting “dark, emaciated, fearful creatures”, as the explanation on the page “denkmalhamburg.de” states (thus on http://denkmalhamburg.de/kriegerdenkmal-an-der-st-johanniskirche/, my translation). It concludes “In the center the heroism and the exaltation, in front of it it the horror of war. A successful mixture.” (my translation).

Gegendenkmal zum 31er Kriegerdenkmal (aus: Gedenkstätten in Hamburg. Wegweiser zu den Stätten der Erinnerung an die Jahre 1933–1945. https://www.gedenkstaetten-in-hamburg.de/gedenkstaetten/gedenkort/gegendenkmal-zum-31er-kriegerdenkmal/
To me, this countermemorial is not just a (exemplaric-mode) juxtaposition of (tradtional-mode) heroism and horror of war, but there is fundamentally genetic part in it: the counter-memorial does not merely point to timeless horrors of the consequences of warfare, but leans on a visual vocabulary established in Holocaust memorials: The “suffering men” who wriggles with pain (and fear) on eye-level with the warriors, look like “muselmen”, the completely debilitated and immiserated inmates of the Nazi concentration camps. In its iconography, the counter-memorial belongs to the generation of monuments which coerce the viewer, the public to find and answer, not providing one themselves, either in being abstract or — as here — by visualizing death and disappearance in any but heroic form 5. It is this feature, using a visual code depending not only abstractly on hindsight but on concrete knowledge about what such heroism-propaganda did help to bring about, together with the effective placing which renders impossible “commemoration ceremonies, at which the plaques are not noticed”, which indicate to a specific genetic thinking below it, trying to transgress the thinking of the time.
- Cf. https://onmonumentave.com/blog/2017/11/20/an-avenue-for-for-all-people-how-arthur-ashe-came-to-monument-avenue [↩]
- Photo by 1970gemini in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19523318[↩]
- See http://denkmalhamburg.de/kriegerdenkmal-an-der-st-johanniskirche/ [↩]
- Cf. Koselleck, Reinhart (1996): Kriegerdenkmäler als Identitätsstiftungen der Überlebenden. In: Odo Marquard und Karlheinz Stierle (Hg.): Identität. 2., unveränd. Aufl. München: Fink (Poetik und Hermeneutik, 8), S. 255–276; p. 261f [↩]
- Cf. Koselleck, Reinhart (1994): Einleitung. In: Reinhart Koselleck und Michael Jeismann (Hg.): Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne. München: Fink (Bild und Text), S. 9–20, here p. 20 [↩]
New Draft on Analysing Monuments with Students
Körber, Andreas (2019): How to Read a Monument as a Narrative in Class – a Suggestion. [unfinished draft]. In Historisch denken lernen [Blog des AB Geschichtsdidaktik; Universität Hamburg], 8/27/2019. Available online at https://historischdenkenlernen.userblogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2019/08/2019_08_K%C3%B6rber-How-to-Read-a-Monument-as-Narrative-in-Class_1b-lit.pdf.
August 28th: I added some aspects (in the PDF in green).
2019_08_Körber How to Read a Monument as Narrative in Class_2-lit.pdf
==
Andreas Körber (Hamburg)
How to Read a Monument as a Narrative in Class – a Suggestion [unfinished draft]
I.
The following suggestions for addressing monuments in history education are based on a conception of monuments as proto- or abbreviate narratives 1 by a present actor about a certain past and its relevance. Even though in many discussions about the removal of monuments, people deplore the removal of their “past”, 2 what is at stake, is not the past itself, but a specific and often privileged communication of a certain interpretation of some past context, personage or event.
As such, they also address someone (mostly a specific group) – sometimes explicitly, sometimes implicitly only. These “addressees” need, however, not be identical with those really exploring the monument. But these (the actual “audience”) will also feel addressed, and since they might (will) be diverse, in quite different ways. This communicative shift is far from being an exception – it might even be the rule in times of change and of increased diversity of our societies. Consider, e.g., a monument hailing some hero of an imperial war addressing its audience with a reference to “our empire” visited by an immigrant British citizen. This applies not only to monuments depicting a group’s (e.g. nation’s) “own pride and pain” but also to critical memorials addressing a group’s actions in the past which are considered as problematic (to say the least) in retrospect. Consider, e.g., Germany’s memorials at former places of concentration camps. In most cases, they are called “Gedenkstätten” – “sites of remembrance”. As such, already, they (have to) express their narrative logic in diverse from, given that the society they address is not only sociologically and culturally diverse but also with respect to the past they refer to. For survivors and dependants (of both survivors and fatal victims), they are (mainly) a place of commemoration their own loss and also victimhood. In many cases these places tell a story of “we have this place for remembering what they (the Germans) have done to us”. But even within this group, there are many who are and still consider themselves Germans. For them, the narrative is quite different. And of course there is a difference between mourning a loss and remembering a survival or even own resistance. An inscription on the 1965 monument at Neuengamme Concentration Camp Memorial in Hamburg, e.g., reading “Euer Leiden, Euer Kampf und Euer Tod sollen nicht vergebens sein” (“Your Suffering, Your Fight and Your Death Shall Not be in Vain”) does prominently address a group of prisoners who actively resisted. But what is more, most of these places respectively monuments there are also known as “Mahnmale”, i.e. “monument” in the literal sense of “admonishing” someone. Who can or should be admonished there? Referring to the Nazi Crimes, they can (and have to) do it in two different ways: Towards surviving victims and their dependants they may be read as “Never let that be done unto you again” – but addressing the German society as such they refer to “Remember” (publicly, that is) “what you have done” (both to “others” and to “some of your own”, that is) – “and make sure that this never happens again”. Germans among the victims of NS-crimes (Jewish Germans, Communists, Social Democrats Jehova’s Witnesses, and many others), then, will specifically have to select (not choose) how they are addressed.
Metaphorically, monuments don’t cease to “speak” if addressing a different audience from what was intended or supposed. Since all perception and analysis (“de-construction”1) of a narrative also requires and implies re-constructive mental processes, the resulting narratives in diverse publica will differ, partially by becoming more complex. Consider the 1925 war monument in front of Hamburg-Altona’s Johannis Church: It depicts three medieval warriors with bare chest and leaning on a long sword.2 The inscription reads: “Den Gefallenen zum dankbaren Gedächtnis, den Lebenden zur Mahnung, den kommenden Geschlechtern zur Nacheiferung” (“to the fallen in grateful memory, to the living as a reminder, to the coming generations for emulation”). Even though there surely are some youths on the right-wing of the political spectrum to whom this may appeal, both most of them will have to engage in twofold interpretation: “Ethnic” will have to differentiate between their own position and perspective and that of the youth in the Weimar Republic, in order to recognize the message and to make their own sense of it, Germans with what is often termed as “migratory background” will have even more aspects to combine.
All these considerations also hold true for the “speaker’s position” in a memorial or monument’s narrative: Let’s take the example of German Concentration Camp memorials again: Who is it, admonishing the victims not to be victimized again, and (more prominently) the Germans not to become perpetrators again? In fact, one can even detect another layer in such monuments. The fact that (belatedly enough) the German society today designates and supports these “Gedenkstätten” (or even hosts them institutionally) can also be considered a message to both the survivors, their dependants and to the world at large: “See and that we address this past” – possibly also with a call for support: “By witnessing this commitment of ours to remembering this past – help us to resist and even fight tendencies to abandon it and to return to a socio-centric way or commemoration” again. 3 But is it “the German Society” speaking here – or some specific group (e.g. the government, a political faction, …) speaking “for” the German people or in lieu of? Just like the targeted audience of a monument seldomly is just the one really visiting it (and trying to make sense of it), the position of “authorship” needs to be differentiated.
Given all this, the conventional questions of (1) who erected a monument (2) to (remembering) whom, (3) for what purpose, (4) with whose money, and to what effect (e.g. of appraisal, critique), are still necessary, but need to be complemented.
As a result, a monument’s “message” or “meaning” is neither fixed nor arbitrary, but rather a spectrum of narrative relations between a range of perceived-“authors” or ”speakers” and a similar range of targeted and factual addressees.
Furthermore, their interrelation is of utmost interest and may strongly differ: Does (and if so: in what way) the monuments message imply the author and the addressee(s) to belong to the same group? It it “intransitive” in that it at least seemingly expresses the fact of “remembering” (“We both know that we have knowledge about this past and we express that it is of importance to us”), while in fact it serves either as a transitive reminder (“I know that you know, but you must not forget”) or even as a first-time introduction of the addressee into the subject at hand (which will be the mode in most cases of visiting monuments with students). So where “remembering” and even “commemoration” is suggested and meant, “telling” is the factual mode.
Furthermore, commemorative modes are manifold. Monuments can not only call for neutral “remembering”, but also for revering or condemning, for feelings (pride and pain) – and they can appeal for action, e.g. for following an example. In culturally diverse societies, the specific linguistic and artistic modes of expressing may not be clear to all students, possibly leading to misunderstandings, but possibly also to identifying alternative readings which are worth considering.
II.
Another aspect is crucial: In (post-)modern, diverse and heterogeneous societies (at least), it will not suffice that each individual is able to think about the past and its representations in the public sphere, to consider the messages and to relate to them individually. The common task of organizing a peaceful and democratic life together within society as well as in respect to foreign relations requires that the individual members of society do not only sport their own historical consciousness – possibly different from that of their neighbours, they will have to be able to relate to these other perceptions, conceptualisations, interpretations and evaluations of past and history and to the appeals they hold for them. In plural societies it is not enough to just know history yourself and to be able to think historically – its is paramount to have at least some insight into the historical thinking of others and to be able to communicate about it. This also refers to monuments. What is needed is not only knowledge and insight about some possible different interpretations (as e.g. exemplified by classical or representative ones taken from literature), but also an insight into the actual (ongoing, possibly still unsure, blurred, unfinished) interpretations of others in one’s one relevant contexts. Learning about history in inclusive societies, therefore, be they diverse with regard to cultural, social or other differentiations, requires a dimension of mutuality, of learning not only about history and the past, but also about the other members of society and their relations to it, the meanings it holds for them, their questions, their hypotheses, etc. 4
III.
On the backdrop of all these considerations, the following guideline therefore does not venture to help students to perceive the “true” “meaning” of a monument, but rather to foster communication about what is perceived as its “message” and meaning by possibly different people. Some of these perceptions will be affirmed by being shared among several and possibly quite different users, while others might be different. This, however, does not necessarily render them wrong or nonsensical (which, they might be, however). Comparing different answers might both sharpen the individual’s perception and broaden it to perceive relevance and meanings of memorials to people with different background, interest, culture, interest, and so on. These forms of relevance might (often will) differ from that intended by those who erected the monument. What does that mean? Is a monument dysfunctional if people feel addressed by it in a way differing from that originally intended? Or does it keep relevance but change significance?
These questions do not replace but complement other approaches to analysing monuments. It might be sensible, though, to not apply them after more direct approaches, but to use them as a start, resulting in more specific (and possibly also more) of questions to explore.
The questions can be used in different ways. It will be rather tedious to just answer them one by one – especially including all bullet points. The latter are rather meant as suggestions for formulating an answer to the main questions above them.
To work individually is possible, but because of the concept explained above, it might be more fruitful to apply a “Think-Pair-Share” ‑system and first work independently, then compare suggestions in small groups in a way which does not only look for common solutions, but also explores and evaluates differences, and then share both insights and remaining or newly arisen questions with the whole group.
Task:
I. Respond to the questions 1–6, using the bullet points below as directions and suggestions. Try e.g. to complete the given sentences, but formulate your own answer to the main questions. If you are unsure or have additional ideas, formulate your questions (instead)!
II. Compare your nots with your partner(s). Don’t standardize them! Instead: Formulate (a) a new version of those aspects which were similar and (b) on your differences! In what way did/do you differ? Make a suggestion why that might be! Keep your original notes! They will be valuable in further discussions!
III. Report on your findings from II to your class! Compare with insights and questions of other groups!
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- Communicative Explicitness:
In how far does the monument (seem to) …- … present or suggest a specific person or group in a speaker position? (e.g. “We, <…> erected this monument”?)
- … address a specific person/group or suggests to be directed towards a specific group? (“You, <…>…” / “to <…>”) 5
- … address a third-party as some kind of witness as to the fact of remembering? 6
- … refer to some third party as involved in the past which is narrated? (e.g. “what they have done to us”)
- Narrative Explicitness:
In how far does the monument (seem to) …- … presuppose that the recipient/addressee has sufficient knowledge about the context referred to?
- … explicitly construct a specific context (explicitly tell a story),
- … rely on a certain amount of common knowledge of speaker and addressee? 7
- …introduce actors, contexts and events?
- ?
- Transitive/Intransitive communication:
In how far does the monument (seem to) …- … embrace the recipient/addressee as a member of the same group (“we”) as the (purported) speaker?
- … address the recipient/addressee as a member of a different group (“you”) as the (purported) speaker?
- . “Mono-” or “Heterogloss” communication:
In how far does the monument (seem to) …- … embrace the recipient/addressee as undoubtedly having the same perspective/sharing the evaluation (“monogloss”)? e.g. by being implicit about it,
- … address the recipient/addressee as not necessarily sharing the same perspective and evaluation (“heterogloss”)? e.g. by being explicit in statement, evaluation, etc.
- Communicative Intent:
What is the relation of authors’/addressee(s)/third-party’s role in the (proto-)narrated story?, e.g.- Generic
- “<…> want(s) <…> to <know/remember/acknowledge/accept/judge> as <…>”
- Specific:
- “’We’ <…> want ‘you’ <…> (and others) to know what ‘we’ <…> have achieved!” (as e.g. in “Stranger, tell the Spartans …”)
- “’We’ <…>want ‘us’ <…> to not forget what ‘we’ <…> have achieved!” (as e.g. in Monuments to Unification)
- “’We’ <…> want ‘us’ <…> to not forget what ‘we’ <…> have caused!” (as e.g. in German Concentration Camp Memorials)
- “’We’ <…> want ‘you’ <…> to know that ‘we’ <…> submit ourselves to not forgetting/remembering!”
- “’We’ <…> want ‘us’ <…> to not forget what ‘they’ <…> have done to ‘us’ <…>!”
- “’’We’ <…> want ‘you’ <…> to know that ‘we’ <…> acknowledge what ‘you’ <…> have done to ‘us’ <…>!”
- In how far does one (or several) of the following forms describe the communicative intention of the monument?
- to inform, e.g. if it introduces and details the past incidents, contexts etc.;
- to confirm, e.g. if it almost tacitly – without giving details – refers to a past context which both author and addressee share knowledge about; intending to secure acknowledgement of factuality;
- to commemorate, e.g. if it almost tacitly – without giving details – refers to a past context which both author and addressee share knowledge about, intending to express a certain evaluation;
- to mourn, e.g. if it refers to a past context which both author and addressee share knowledge about, intending to express a feeling of loss of someone/something valued);
- to remind, e.g. if it refers to a past context which both author and addressee should share knowledge about, intending to
- prevent forgetting;
- secure a certain evaluation which is supposed to have been shared before?
- appeal, e.g. if it asks (invites?/requests?/summons?) the recipient/addressee to feel/identify/act in a certain way, e.g. by
- referring to (a) person(s) as responsible for something, admonishing the addressee to evaluate this/these persons in a certain way, but not to follow her/his example, either
- heroizing: presenting (a) person(s) as responsible for a special achievement and therefore to be revered;
- giving thanks: presenting (a) person(s) as responsible for a special achievement and expressing gratitude;
- condemning: presenting (a) person(s) as responsible for a special achievement and therefore to be condemned;
- to present examples / role models, e.g. if it by presents (a) person(s) as responsible for something and addresses the recipient/addressee as possibly being in a similar position and having similar capacities, urging her/him either
- to follow the example (e.g. of taking action, of resisting);
- to not follow the example (e.g. of going along …);
- to express gratitude, e.g. if it presents the addressee and/or his group as responsible for something good, expressing gratitude;
- to accuse, e.g. if it presents the addressee and/or his group as responsible for something bad, expressing contempt;
- other (specify) …
======
References- “Gemütszustand eines total besiegten Volkes”. Höcke-Rede im Wortlaut. Nach dem Transkript von Konstantin Nowotny (2017). In Der Tagesspiegel, 1/19/2017. Available online at https://www.tagesspiegel.de/politik/hoecke-rede-im-wortlaut-gemuetszustand-eines-total-besiegten-volkes/19273518-all.html, checked on 3/14/2019.
- Körber, Andreas (2014): Historical Thinking and Historical Competencies as Didactic Core Concepts. In Helle Bjerg, Andreas Körber, Claudia Lenz, Oliver von Wrochem (Eds.): Teaching historical memories in an intercultural perspective. Concepts and methods : experiences and results from the TeacMem project. 1st ed. Berlin: Metropol Verlag (Reihe Neuengammer Kolloquien, Bd. 4), pp. 69–96.
- Körber, Andreas (2015): Historical consciousness, historical competencies – and beyond? Some conceptual development within German history didactics. Available online at http://www.pedocs.de/volltexte/2015/10811/pdf/Koerber_2015_Development_German_History_Didactics.pdf.
- Körber, Andreas (2019; in print): Inklusive Geschichtskultur — Bestimmungsfaktoren und Ansprüche. In Sebastian Barsch, Bettina Degner, Christoph Kühberger, Martin Lücke (Eds.): Handbuch Diversität im Geschichtsunterricht. Zugänge einer inklusiven Geschichtsdidaktik. Frankfurt am Main: Wochenschau Verlag, pp. 250–258.
- Körber, Andreas (2019; unpubl.): Geschichtslernen in der Migrationsgesellschaft. Sich in und durch Kontroversen zeitlich orientieren lernen. deutlich überarbeiteter Vortrag; unpubliziert. Geschichten in Bewegung“. Universität Paderborn. Paderborn, 6/14/2019.
- Körber, Andreas; Schreiber, Waltraud; Schöner, Alexander (Eds.) (2007): Kompetenzen historischen Denkens. Ein Strukturmodell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik. Neuried: Ars Una Verlags-Gesellschaft (Kompetenzen, 2).
- Lévesque, Stéphane (2018): Removing the “Past”. Debates Over Official Sites of Memory. In Public History Weekly 2018 (29). DOI: 10.1515/phw-2018–12570.
- Rüsen, Jörn; Fröhlich, Klaus; Horstkötter, Hubert; Schmidt, Hans Günther (1991): Untersuchungen zum Geschichtsbewußtsein von Abiturienten im Ruhrgebiet. Empirische Befunde einer quantitativen Pilotstudie. In Bodo von Borries (Ed.): Geschichtsbewusstsein empirisch. Pfaffenweiler: Centaurus (Geschichtsdidaktik : […], Studien, Materialien, [N.F.], Bd. 7), pp. 221–344.
- Ziogas, Ioannis (2014): Sparse Spartan Verse. Filling Gaps in the Thermopylae Epigram. In Ramus 43 (2), pp. 115–133. DOI: 10.1017/rmu.2014.10.
- Generic
- Cf. Rüsen et al. 1991, 230f. Cf. also my comment on Lévesque 2018, ibid. [↩]
- Cf. Lévesque 2018.[↩]
- That this danger is far from being hypothetical can be seen in the light of a speech by the right-wing (AFD)-politician Björn Höcke in Dresden on 18 January 2017, where he called for a “U‑turn” in German memory culture, giving up the politics of “Vergangenheitsbewältigung”. In the same speech, he reproached to the Berlin Memorial to the Murdered Jews of Europe (the “Holocaust-Memorial”) as a “monument of shame”, which of course it is, but in a different sense: What Höcke meant is a “shameful” monument, but for the current German memorial culture he attacked, to address one’s own (in group’s) “crime and shame” is nothing shameful, but a necessity. Cf. the documentation of the speech in “Gemütszustand eines total besiegten Volkes” 2017 (as of 28.8.2019). Any sense of pride, however, based on the development of this “critical” and even “negative” memory culture would be at least problematic – it would undermine the mind-set. The question remains of how to address this as an achievement without resorting to concepts of “pride”.[↩]
- Cf. on the concept of inclusive history culture: Körber 2019; i. Dr.. Körber 2019.[↩]
- As e.g. in a Hamburg monument commemorating the town’s dead of WW1: “Vierzig Tausend Söhne der Stadt ließen ihr Leben für Euch” (“Forty Thousand Sons of [our] Town Gave Their Lives for You”).[↩]
- As e.g. in the verse of Simonides of Ceos (556–468 BCE) on the Spartan defenders at the Thermopylae, which Herodotus (VII, 228) reports to have been erected on the spot: “Oh stranger, tell the Lacedaemonians that we lie here, obedient to their words.” (transl. by Ioannis Ziogas). The original did not survive, but in 1955 a modern plate was erected bearing the Greek text again. For this and different translations of the inscription see the English Wikipedia-article: https://en.wikipedia.org/wiki/Battle_of_Thermopylae#Epitaph_of_Simonides (as of 27/8/2019). For a discussion of the wording see Ziogas 2014.[↩]
- A monument in Oslo, on the premises of Åkershus Slot, near the Norwegian museum of resistance against German Occupation in WW2 (the Museum), e.g. states „de kjempet de falt – de gav oss alt“ (literally: „They fought, they fell – they gave us everything“), or rather: „they gave (sacrificed) everything for us.“ Even though the monument depicts tools and devices which can be used in resistance operations, the monument clearly requires knowledge of the whole context of Norwegian resistance. Körber 2014, p. 87.[↩]
Neue Ausgabe des “History Education Research Journal” (HERJ) erschienen
HISTORY EDUCATION RESEARCH JOURNAL (HERJ)
Focusing on the global significance and impact of history education, this international journal covers all aspects of history education theory, scholarship, and pure and applied research.
Editors: Jon Nichol, Hilary Cooper and Arthur Chapman
NEW for spring 2019:
Special issue: Triangulation in history education research
JOURNAL CONTENTS: vol. 16, no. 1
Special issue: Triangulation in history education research
Guest editors: Roland Bernhard, Christoph Bramann and Christoph Kühberger
This special issue sprang from an international symposium in Salzburg, Austria in 2017, called Triangulation in History Education Research. It includes articles on mixed-methods research and triangulation in history education research from seven different countries: Australia, Austria, Germany, the Netherlands, Portugal, Switzerland and the United Kingdom.
· Roland BERNHARD, Christoph BRAMANN & Christoph KÜHBERGER – Mixed methods and triangulation in history education research: Introduction
· Udo KELLE, Christoph KÜHBERGER & Roland BERNHARD – How to use mixed-methods and triangulation designs: An introduction to history education research
· Manuel KÖSTER & Thünemann – The untapped potential of mixed-methods research approaches for German history education research
· Terry HAYDN – Triangulation in history education research, and its limitations: A view from the UK
· Heather SHARP – Bricolage research in history education as a scholarly mixed-methods design
· Roland BERNHARD – Using mixed methods to capture complexity in a large-scale empirical project about teachers’ beliefs and history education in Austria
· Arie WILSCHUT & Koen SCHIPHORST – ‘One has to take leave as much as possible of one’s own standards and values’: Improving and measuring historical empathy and perspective reconstruction
· Christopher WOSNITZA & Johannes MEYER-HAMME – Student essays expressing historical thinking: A quantitative and dually qualitative analysis of 1,100 papers for the History Contest of the German President
· Bodo VON BORRIES – The experience of and reflection on triangulation and/or mixed methods, discussing a study on the ideal and reality, use and understanding of history textbooks
· Monika WALDIS, Martin NITSCHE & Corinne WYSS – Assessing pre-service history teachers’ pedagogical content knowledge with a video survey using open-ended writing assignments and closed-ended rating items
· Mariana LAGARTO – Profiles of teaching and learning moments in the history classroom
· Christoph KÜHBERGER, Christoph BRAMANN, Zarah WEIß & Detmar MEURERS – Task complexity in history textbooks: A multidisciplinary case study on triangulation in history education research
· Glória SOLÉ – Children’s understanding of time: A study in a primary history classroom
The History Education Research Journal is a bi-annual, open-access, peer-reviewed journal based at the UCL Institute of Education, in collaboration with the History Educators International Research Network (HEIRNET), and hosted in partnership with the Historical Association. It is a relaunch of the International Journal of Historical Learning, Teaching and Research (IJHLTR). Back issues of IJHLTR will remain available through the Historical Association until they are transferred to the new journal’s home page. For information about how to contribute to the History Education Research Journal, visit UCL IOE Press.
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Gamification und Historisches Lernen — wichtiger Artikel von Daniel Bernsen
Die Diskussion in den Kommentaren unter dem Artikel (unter meiner zweimaligen Beteiligung, hier und hier) ist weiterführend. Einschlägig sind auch die Spielentwicklungen von Brenda Romero (bzw. Brathwaite). Vgl. Takahasi, Dean (2013): Brenda Romero’s Train board game will make you ponder. In: Venturebeat, 11.05.2013. Online verfügbar unter https://venturebeat.com/2013/05/11/brenda-romero-train-board-game-holocaust/amp/. Vgl. auch zu anderen Spielen von ihr: Brathwaite, Brenda (2013): Gaming for Understanding. TED Talks: TED.
Lehraufträge von Studierenden: Interview zum Offenen Brief
Anfang Februar berichtete die Presse von der erstmaligen Anwendung einer neuen Regelung für die Auswahl von Bewerber*innen für den Vorbereitungsdienst im Lehramt, derzufolge nennenswerte unterrichtliche und unterrichtsähnliche Praxis bereits im Vorfeld – also im Studium – mit Boni belohnt wird. Schulsenator Rabe sprach in diesem Zusammenhang von willkommener Anerkennung fleißiger und tüchtiger Bewerber*innen. Neben der Opposition haben nun auch über 40 Professor*innen der Hamburger Universität und fast 30 weitere Lehrende Kritik geübt. Sie befürchten negative Auswirkungen auf die wissenschaftliche Ausbildung an der Universität, wenn diese frühe Praxis für Studierende attraktiv gemacht wird. Offener Brief an den Schulsenator
Wo liegt eigentlich das Problem, wenn besonders tüchtige Bewerber*innen belohnt werden? Wäre es nicht gerade wünschenswert, dass angehende Lehrer*innen schon Erfahrung aus dem Schulalltag mitbringen?
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass Studierende praktische Erfahrungen im Schulalltag sammeln. Das Problem sind falsche Anreize für das Studium, die sich durch handfeste Anerkennung für frühe Unterrichtspraxis ergeben – etwa durch Vorteile bei der Referendariatsplatzvergabe gegenüber Studierenden, die sich auf das Studium konzentrieren.
Der Lehrberuf ist eine Profession, wie bei Mediziner*innen oder Jurist*innen. Lehrer*innen greifen in Lebenschancen von Menschen grundsätzlich ein. Sie tun dies unter immer neuen Bedingungen und durch sehr persönliches Handeln. Lehrer*innen sind nicht wirklich einfach austauschbar. Unterrichten und Erziehen lernt man nicht einfach als übertragbare Methode. Natürlich gibt es Methoden, Prinzipien und Regeln. Sie müssen aber immer wieder neu und immer in eigener professioneller Verantwortung den Herausforderungen, Lernenden und Situationen angepasst werden.
Am Anfang des Studiums sollten daher erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Grundlagen erworben werden, die die Wahrnehmung und Erschließung sowie Reflexion von Bedingungen und Zielen wie auch des eigenen Tuns ermöglichen. Das muss ohne den Druck geschehen, das Erlernte gleich in der Praxis „anwenden“ zu müssen. Studierende müssen erst einmal einen systematischen Blick entwickeln auf einen ganzen Komplex an Aspekten: auf pädagogische Grundlagen schulischen Lernens, auf gesellschaftliche und institutionelle Herausforderungen daran, auf Bedingungen wie soziale, sprachliche kulturelle Vielfalt, neue Medien und Inklusion; ebenso natürlich auf ihre Fächer – und zwar nicht nur deren Ergebnisse, sondern ihre Logiken und Methoden. In dieser frühen Phase geht es also darum, wissenschaftlich reflektieren zu lernen. Das gilt aber auch für den Blick auf sich selbst als künftige Lehrer*innen: Auch die Überzeugung eigener Eignung und das Interesse für diesen Beruf und das Verständnis der Rolle ändert oft sich systematischen Reflexion.
Wenn sich Studierende schon früh in der Praxis Methoden lernen – was kann daran falsch sein?
Ein früher Einblick in die Praxis und ein Lernen über Methoden ist nicht das Problem, sondern die Vorstellung, man könnte diese Methoden einfach lernen, sich das Handwerk quasi „abschauen“ und dann „anwenden“. Zum einen sind keine zwei Lernprozesse, keine Schüler*innen, keine Lerngruppe identisch, sondern immer neu. Unterrichten bedeutet eben nicht einfach „Anwendung“ gelernter Methoden, sondern immer neue, verantwortliche Analyse, Planung, Durchführung und Auswertung. Das müssen Lehrer*innen aber nicht nur in Schulen und mit Schüler*innen können, wie sie heute sind. Sie werden das auch noch in dreißig Jahren können müssen, unter Bedingungen und mit Medien, die wir heute noch gar nicht absehen. Diese, das Wissen, aber auch didaktische Konzepte und Methoden werden sich ändern.
Nicht frühe Beobachtung und Reflexion der heutigen Bedingungen und Methoden ist das Problem, das ist im Studium ja auch integriert, wohl aber frühe eigenständige Praxis unter Verantwortung und somit unter der Perspektive des Gelingens.
Wenn diese Praxis, dieses frühe eigene Handeln „gelingt“, also wenn Studierende Erfolgserfahrungen haben, kann es gut sein, dass sie die heute üblichen – und oft ja guten – Konzepte und Methoden übernehmen, ohne einen theoretischen und konzeptuellen Blick dafür zu entwickeln. In der absehbaren Zukunft kommen sicher nicht weniger gesellschaftliche Veränderungen auf uns zu als im jeweils gleichen Zeitraum der Vergangenheit. Im Zuge der Digitalisierung etwa wird Wissen in 20, 30 Jahren wahrscheinlich ganz anders entstehen und „vermittelt“ werden als heute. Es kann also gar nicht darum gehen, ein Skript für den idealen Unterricht auswendig zu lernen oder eng zu trainieren.
Wenn andererseits solche frühe verantwortliche Praxis aber nicht einfach erfolgreich verläuft, dann fragen die Studierenden noch stärker nach unmittelbar umsetzbaren Konzepten und Rezepten. Gerade dort, wo das Einen-Schritt-Zurück-Gehen, das vom Druck entlastete Reflektieren nötig wäre, wird es durch frühe verantwortliche Praxis erschwert, wenn nicht gar konterkariert.
Es kommt hinzu, dass die Frage, welcher Unterricht „gelingt“, also „gut“ ist, nicht einfach daran zu bestimmen ist, ob die/der Lehrer*in selbst zufrieden damit ist, etwa weil sie die eigene Planung umgesetzt hat. Es gibt viele Aspekte von Unterrichtsqualität, die nicht einfach zu erfahren oder zu beobachten sind.
Gerade für Lehrer*innen ist es wichtig, eigene Herangehensweisen immer wieder systematisch zu hinterfragen, das eigene Handeln zu reflektieren, aber auch für die Zukunft selbstständig zu denken. Dafür braucht es theoretische Konzepte und Reflexion – und das heißt: wissenschaftliches Studium, Perspektivenwechsel – und zwar bevor die Praxis in irgendeiner Weise Routinen ausbildet.
Könnten sie nicht später als Lehrer*innen an Fortbildungskursen teilnehmen, und dort neue Methoden lernen?
Natürlich. Das geschieht ja auch. Lehrer*innen werden sich immer immer fortbilden müssen. Aber nur wenn ich zuvor im Studium gelernt habe, eigene Erfahrungen und Beobachtungen wie auch neues Wissen und neue Konzepte aus der Wissenschaft und Methodenentwicklung systematisch einzuordnen und zu reflektieren, werden diese Fortbildungen sinnvoll sein. Ohne diese Grundbefähigung wären sie eher Schulungen von Anwendungspersonal, nicht Fortbildung wissenschaftlich gebildeter Expert*innen für Lehr- und Lernprozesse. Fortbildungen können das anfängliche, gründliche Studium nicht ersetzen.
Was sagen die Zahlen? Sind es viele Studierende, die während des Studiums Lehraufträge absolvieren?
Dass Studierende nebenher arbeiten, ist wohl beinahe die Regel. Die BAFöG-Quoten sinken ja Pressemeldungen zufolge auch deutlich. Auch dass Lehramtsstudierende Jobs haben, die etwas mit ihrem späteren Beruf zu tun haben, ist nicht ungewöhnlich – etwa in der Hausaufgabenhilfe oder in der Nachmittagsbetreuung an Schulen. Konkrete Zahlen liegen uns dazu allerdings nicht vor. Seit einigen Jahren übernehmen anscheinend immer mehr von ihnen auch selbstständige Lehraufträge, manchmal schon sehr früh, während des Bachelor-Studiums. Da geht es nicht nur um ergänzende Förderstunden. Oft treten dabei die Pflichten des Studiums in den Hintergrund.
Wie macht sich das bemerkbar?
Kolleg*innen berichten, dass Studierende über mehrere Semester hinweg nicht an Pflichtveranstaltungen teilnehmen konnten – weil sie unterrichten mussten. Es kam auch schon vor, dass Studierende, die schon längere Unterrichtserfahrung hatten, bereits Anschlussverträge besaßen, und mit ihrer eigenen Tätigkeit ganz zufrieden schienen, in der Master-Prüfung durchgefallen sind. So stehen also nicht nur nicht fertig ausgebildete Lehrer*innen vor der Schulklasse, sondern wohl auch solche, denen offenkundig wesentliche fachliche und didaktische Kenntnisse und Perspektiven fehlten. Das sind sicher Extremfälle, aber solche Berichte häufen sich in den letzten Jahren.
Und was ist mit Studierenden, die nicht nebenher unterrichten?
Eine Studierende, die keinen Lehrauftrag hatte, sondern sich auf ihren Studienabschluss konzentriert hat, berichtete vor wenigen Wochen, sie sei wohl dadurch gegenüber anderen mit mehr Praxis in Rückstand gekommen. Auch das sind derzeit wohl noch Einzelfälle. Zahlen dazu liegen uns auch nicht vor. Was uns aber beunruhigt, ist, dass mit der neuen Regelung zur Auswahl für den Vorbereitungsdienst ein systematischer Anreiz geschaffen wird, das eigene Studium anders auszurichten – nämlich auf solche Lehraufträge. Damit wird solche frühe Unterrichtstätigkeit doppelt attraktiv. Die Überlegung, lieber schon im zukünftigen Beruf tätig zu sein als etwa irgendwo zu kellnern oder an der Kasse zu sitzen, ist ja auch plausibel. Solche frühen Erfahrungen sind aber eben nicht einfach wertvoll, wie ich vorhin schilderte, sondern können die Ziele und Konzepte des wissenschaftlichen Lehramtsstudiums unterlaufen und konterkarieren.
Ist der Praxisanteil im Studium dann vielleicht zu gering?
Das denke ich nicht. Natürlich gibt es Praxisbezug – recht umfangreich sogar. Manchen (vielleicht vielen) Studierenden erscheint das immer noch zu wenig und zu spät. Dahinter steht aber zumindest zu großen Teilen eine Vorstellung von Lehrer*in-Werden in Form eines eher unmittelbaren Lernens in der und aus der gegenwärtigen Praxis. Diese Vorstellung ist ja nicht abwegig. Man kann sie und den Wunsch nach mehr und früherer Praxis als solchen den Studierenden nicht vorwerfen. Das heißt aber nicht, dass man ihm einfach folgen, ihm einfach nachgeben sollte.
Es geht bei diesem sogenannten „Praxisbezug“ eben um etwas anderes als um frühes Einüben und darum, „unterrichtsfertig“ zu werden. Es geht eben nicht um verantwortliche Bewährung, sondern um Orientierung im Beruf, das zunehmend systematische Machen von Erfahrungen und Beobachten – als Grundlage theoretischer Reflexion. Dabei spielt immer auch eigenes Unterrichten eine Rolle – aber in begrenztem Umfang und begleitet von Mentor*innen an den Schulen und Seminarleiter*innen von der Universität und dem Landesinstitut in Begleit- bzw. Vor- und Nachbereitungsseminaren – und strukturiert durch wissenschaftliche Fragestellungen.
Diese Struktur des Praxisbezugs im Studium ist in der vom Schulsenator verantworteten und von ihm selbst ja auch in den Anhörungen in der Bürgerschaft vor einem Jahr begründeten und verteidigten Drucksache 21/11562 ja als beizubehaltendes, erfolgreiches Element hervorgehoben worden. Aber natürlich wird es auch immer fortgeschrieben. In der durch die besagte Drucksache angestoßenen Überarbeitung der Lehramtsstudiengänge diskutieren wir derzeit, inwiefern durch eine etwas andere Verteilung die Ziele noch besser erreicht werden können.
Im gegenwärtigen Bachelorstudium etwa findet ein vierwöchiges Schulpraktikum statt – mit Vor- und Nachbereitung. Überwiegend beobachten die Studierenden dort und erfahren die Institution Schule. Sie unterrichten auch insgesamt 10 Stunden selbst – unter der Aufsicht einer Lehrerin/eines Lehrers sowie mit Reflexion und Nachbereitung. Dabei geht es aber gerade noch nicht darum, Fehler zu erkennen und abzustellen, sondern an den Erfahrungen mit fremdem und eigenem Unterricht neue Gesichtspunkte zu entwickeln, die im Studium aufgegriffen werden. Im Master dann sind zwei weitere große Praktika verpflichtend. Die Studierenden unterrichten dabei jeweils zehn bis zwölf Stunden selbstständig – allerdings auch dort nie allein, immer unter Anleitung. Zu jedem Praktikum gehört ein fachdidaktisches Seminar zur Vorbereitung und ein begleitendes „Reflexions“-Seminar. Dort sprechen sie über ihre Erfahrungen und Beobachtungen, analysieren konkrete Fälle, die ihnen in der Klasse begegnet sind. Gerade diese Reflexion der praktischen Erfahrung ist wichtig – wenn Studierende anstelle solcher Praktika an Schulen arbeiten, fehlt die theoretische Einbettung in Vor- und Nacharbeitung.
Schulsenator Ties Rabe meinte ja im Hamburger Abendblatt, die Hochschulen müssten gezielte Vor- und Nachbereitungsseminare für Praxiseinsätze anbieten… [Artikel im Hamburger Abendblatt]
Die Universität ist nicht der Begleitbetrieb für bezahlte Lehrkräfte, die man unausgebildet einstellt. Die erste Phase ist in Hamburg (mit Unterbrechung in der Nazizeit seit 1919) Aufgabe der Universität – seit der BA/MA-Reform Mitte der 2000er auch ganz formal. Eine grundsätzliche Änderung im von Senator Rabe angedeuteten Sinne widerspräche somit diesen Vorgaben, wie auch der von der KMK seit langem festgelegten Verteilung von Zuständigkeiten und Aufgaben der einzelnen Phasen (Studium, Vorbereitungsdienst, Fortbildung). Zudem war es gerade die Hamburger Schulbehörde, die sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg die Ausrichtung der ersten Phase der Lehrer*innenbildung – besonders auch ihrer pädagogischen Anteile – auf reflexive Wissenschaftlichkeit und eine Entlastung von Praxis vorangetrieben hat – gerade mit dem Argument der Zukunftsfähigkeit.
Das will der Senator ja auch gar nicht wirklich abschaffen, hat er doch selbst vor einem Jahr in der Bürgerschaft bei den Anhörungen zur Drucksache für die Neugestaltung der Lehrer*innenbildung die akademische Ausbildung und Fachlichkeit für alle Lehrämter hervorgehoben. Er sagte damals: „Wir glauben, dass viele Studien ergeben haben, dass eine besonders gute fachliche Ausbildung die Grundlage für eine erfolgreiche Pädagogik ist.“
Er kann also nur entweder meinen, die Universität sollte das zusätzlich anbieten. Dann erforderte dies deutlich mehr Ressourcen und eine deutliche Verlängerung des Studiums, denn die zur Verfügung stehenden 300 Leistungspunkte sind hinreichend ausgefüllt. Oder er möchte, dass allen in Schulen lehrbeauftragten Studierenden diese Praxis quasi als Praktikum angerechnet wird und die Universität ohne Einfluss auf Einsatzort und konkrete Aufgaben nur themenungebunden auffängt, was vorher hätte angelegt sein müssen. Beides wäre nicht nur nicht sinnvoll, sondern problematisch, wie ich vorhin ausgeführt habe.
Werden derzeit – in Zeiten des Lehrer*innenmangels – Studierende als Lückenbüßer*innen eingesetzt?
Inwiefern das absichtlich so stattfindet, und ob in Zeiten des Mangels solche Lehraufträge wirklich ausgebildeten Lehrer*innen Stellen „wegnehmen“, dazu kann ich nichts sagen. Es wäre allerdings ein Problem, wenn Schulen und Schulbehörde sich langfristig daran gewöhnten, mit nicht ausgebildeten Studierenden irgendwie das Angebot zu „sichern“. Dann ginge auch den Schulen die Nachhaltigkeit verloren, die darin liegt, nicht nur kurzsichtig angelerntes oder ausgebildetes, sondern wissenschaftlich qualifiziertes und gebildetes Personal zu haben.
(Stand: 22.3.2019)
Andreas Körber ist Professor für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Geschichte und der Politik. Er war von 2010 bis 2016 Prodekan für Lehre der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg.
- Dieses Interview ist eine bearbeitete Fassung eines tatsächlich aus einem Gespräch mit einer/m Pressevertreter*in gehaltenen und dann in Interview-Form gebrachten Gesprächs, das schließlich seitens der Presse nicht veröffentlicht wurde. Es wurde nachträglich ergänzt. Die „Fragen“ wurden so umformuliert, dass sie den tatsächlichen Gesprächsduktus nur noch allgemein, nicht aber im Wortlaut abbilden. [↩]
Falsche Anreize — Offener Brief Hamburger Hochschullehrer/innen an Schulsenator Rabe
Boni für frühe Schulpraxis in der Bewerber/innenwahl für den Vorbereitungsdienst gefährden Errungenschaften der akademischen Lehrer/innenbildung (gerade) in Hamburg und untergraben laufende Innovationen in Richtung auf Qualitätsentwicklung und Nachhaltigkeit.
Offener Brief an den Schulsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, Ties Rabe
Sehr geehrter Herr Senator,
Anfang des Monats wurden turnusgemäß neue Absolvent/innen von Lehramtsstudiengängen in den Vorbereitungsdienst an Hamburger Schulen und somit in die zweite Phase der Lehrer/innenbildung aufgenommen. Aus diesem Anlass wurde vor der Presse – und in dieser kontrovers kommentiert – 1 auf ein neues Auswahlverfahren hingewiesen, welches solchen Bewerber/innen nennenswerte Vorteile verschafft, die bereits neben dem Studium umfangreiche Erfahrungen mit Unterrichts- und unterrichtsähnlicher Tätigkeit in der Schule gesammelt haben. 2
In den letzten Jahren nehmen sehr viele Lehramtsstudierende der Universität Hamburg solche Lehraufträge wahr. Sie übernehmen unterschiedliche Aufgaben, nicht wenige erteilen auch selbstverantwortlich Unterricht – zum Teil schon früh im ersten Studienabschnitt (der Bachelorphase). Diese Praxis ist offenkundig dem derzeitigen Mangel an Lehrpersonen geschuldet. Sie ist bei Studierenden anscheinend beliebt, weil sie ihnen gleichzeitig eine studiennahe Erwerbsmöglichkeit bietet und einem Bedürfnis nach „Praxiserfahrung“ entgegenkommt. Dennoch muss aus mehreren Gründen vor dieser Praxis gewarnt werden. Sie bedeutet nicht nur eine deutliche Absenkung des Qualifikationsniveaus der derzeit an Hamburger Schulen Unterrichtenden und überträgt die Aufgabe der Befähigung für diese Tätigkeit den Studierenden selbst – weitgehend ohne Anleitung und Möglichkeit qualifizierter Beratung. Selbst dort, wo sie eine solche erhalten, sind ihnen grundsätzlichere und weitsichtigere Reflexionen über Bedingungen und Konzepte nicht systematisch zugänglich oder werden von ihren eigenen Erfahrungen (als Schüler/innen oder in dieser Tätigkeit) überlagert.
Damit gefährdet die genannte Praxis wesentliche Errungenschaften der Hamburger universitären Bildung aller Lehrämter in den nunmehr 100 Jahren ihres Bestehens. Es war gerade die Hamburger (Ober-)Schulbehörde, welche zunehmend auf einer Ausrichtung der Lehrer/innenbildung durch Wissenschaftlichkeit und Reflexivität auf die Bildung zukunftsfähige Lehrer/innen aller Schularten bzw. ‑stufen bestanden und diese bis zur Akademisierung unter dem Bologna-System forciert hat. In gleichem Sinne untergräbt die benannte Praxis die derzeit laufenden Prozesse und Projekte einer Orientierung der Lehrer/innenbildung auf Professionalität und Nachhaltigkeit – etwa im Rahmen der Projekte der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ – und somit auch wesentliche Bestrebungen des von Universität und Schulbehörde gemeinsam getragenen Zentrums für Lehrerbildung.
Konkret ist an der geschilderten Praxis unter anderem – die Reihe ließe sich mühelos ergänzen – zu bemängeln:
- Der Beruf der/des Lehrer/in hat – trotz seiner Organisation – wesentlich mit dem der Jurist/innen, Ärzt/innen und weiteren die Qualität einer „people processing profession“ gemeinsam, also einer Tätigkeit an immer neuen, prinzipiell nicht vollständig systematisierbaren und eigenlogischen „Fällen“ (hier der individuellen Schüler/innen und ihrer Lernbedürfnisse und ‑prozesse) mit wesentlichen Eingriffen in deren Lebenschancen. Als solcher erfordert er die Befähigung zu eigenverantwortlicher Fallanalyse und ‑beurteilung aufgrund umfassenden, nicht aber einfach „anwendbaren“ theoretischen Wissens in mehreren Disziplinen (Pädagogik, Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie, und den Bezugsdisziplinen der Unterrichtsfächer). 3 Diese umfassenden Kompetenzen sind nicht einfach in eigener praktischer Tätigkeit zu erwerben, sondern nur in einer von unmittelbarer Handlungerfordernis befreiten Phase wissenschaftlicher Reflexion auf Praxis und ihrer Grundlagen. Frühe eigene Lehrerfahrungen, die nicht die Gelegenheit zu umfassender Reflexion und Aufarbeitung bieten, gefährden dieses Erfordernis.
- Die frühe praktische Erfahrung der künftigen Lehrer/innen mit selbst verantwortetem Unterricht ohne eine zwischenzeitliche Phase ihrer Distanzierung von eigener Schul- und Unterrichtswahrnehmung aus Schüler/innensicht erschwert oder verhindert gerade nötige Unterscheidungen zwischen allgemeinen und besonderen Bedingungen schulischen Lernens. Letztere ist Voraussetzung dafür, dass Lehrer/innen nicht einfach den von ihnen selbst (als Schüler/innen) und durch Beobachtung von Kolleg/innen erfahrenen Unterricht weiterführen, sondern grundsätzlich und offen für Veränderungen ihr eigenes professionelles Handeln reflektieren und dieses anpassen können. Diese Distanzierung erfordert die reflexive Verarbeitung systematischer und vergleichender Beobachtungen, nicht die Einübung in Praxis. Damit wird eine wesentlich über Jahrzehnte von der Hamburger Schulbehörde geförderte Orientierung auf die Förderung wissenschaftlicher Orientierung und Selbstständigkeit der künftigen Lehrer/innen über Bord geworfen. 4
- Die hier beklagte Praxis droht aber auch, das Praktika-System der Hamburger Lehrer/innenbildung zu unterminieren, das als „Leuchtturm“ der Reform der Lehrer/innenbildung an der Universität Hamburg gilt und mehrfach positiv evaluiert sowie in der Drucksache zur gegenwärtigen Reform ausdrücklich lobend hervorgehoben und zur Weiterentwicklung empfohlen wurde. Gerade die Kernpraktika des Master-Studiums mit ihrer Ausrichtung auf umfängliche, aber durch doppelte Begleitung auf Reflexivität ausgerichtete, keinem Handlungsdruck ausgesetzte Praxiserfahrungen wird gefährdet, wenn Studierende staatliche Anreize erhalten, in größerem Umfang eigenverantwortlich zu unterrichten, statt reflexive Praxis zu erproben.
- Nicht nur aus erziehungswissenschaftlicher Sicht im engeren Sinne, sondern auch mit Blick auf die „Fachlichkeit“ ist eine frühe selbstständige und nicht systematisch reflektierte Praxis abzulehnen. Sie kann nur die Tradierung handwerklichen Tuns, nicht aber reflektierte Lehr-Lernprozesse befördern, die vor dem Hintergrund veränderter sozialer Bedingungen und neuer disziplinärer Erkenntnisse erfolgen.
- In fachlicher (fachwissenschaftlicher) Hinsicht droht durch frühen Unterricht vor vertieften Studien eine Einübung in die Verwendung nicht mehr aktueller Konzepte, Paradigmen und Methodiken, in fachdidaktischer Sicht der Rückfall in verkürzte, oft als „Abbilddidaktik“ titulierte Konzepte einer nicht differenzierten Übermittlung von Wissen. Gerade den Herausforderungen durch die gegenwärtigen Prozesse der Heterogenisierung und Inklusion, aber auch der Digitalisierung kann nur eine Lehrer/innenbildung gerecht werden, die nicht durch verfrühte Praxis unterlaufen wird.
Dies sind nur einige Beispiele für Gefährdungen der Qualität und Nachhaltigkeit der Lehrerbildung durch eine kurzsichtige Reparaturpolitik einer langjährig verfehlten quantitativen Planung der Lehrer/innenbildung. Auch die praktische Lehrer/innen(aus)bildung in der zweiten Phase wird unter ihr leiden, wie auch die Studierenden selbst mangels Begleitung und Beratung Nachteile in ihrer Ausbildung werden hinnehmen müssen, die ihnen aufgrund der zunächst willkommenen „Praxis“ zunächst oft gar nicht bewusst werden. Gleiches gilt mit Sicherheit für die Qualität des Unterrichts.
Mit freundlichen Grüßen
- Prof. Dr. Andreas Körber; Didaktik der Geschichte und der Politik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Dietmar Höttecke; Didaktik der Physik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Thomas Zabka; Didaktik der deutschen Sprache und Literatur; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Ingrid Bähr; Sportdidaktik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Dagmar Killus; Schulpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Gabriele Ricken; Sonderpädagogische Psychologie und Diagnostik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Telse Iwers, MHEd; Pädagogische Psychologie; Prodekanin für Studium, Lehre und Prüfungswesen; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Johannes Bastian; Schulpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Ute Berns; Britische Literatur und Kultur; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Andreas Bonnet; Englischdidaktik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Mechthild Dehn; Didaktik der deutschen Sprache und Literatur; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Jörg Doll; Projektevaluation ProfaLe; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland; Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Sozialisationsforschung; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Robert Fuchs; Englische Sprachwissenschaft; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Sara Fürstenau; Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Ulrich Gebhard; Biologiedidaktik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Hans-Werner Goetz; Mittelalterliche Geschichte; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Frank Golczewski; Osteuropäische Geschichte; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Tilman Grammes; Didaktik der Sozialwissenschaften; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Florian Grüner; Experimentalphysik; Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Frauke Haase; Schulmusik; Hochschule für Musik und Theater Hamburg
- Prof. Dr. Kaja Harter-Uibopuu; Alte Geschichte; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Petra Hüttis-Graff; Didaktik der deutschen Sprache und Literatur; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Dr. Christoph Jantzen; wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Lehre; Deutschdidaktik; Fakultät für Erziehungswissenschaft; Universität Hamburg
- Prof. Dr. Sylvia Kesper-Biermann; Historische Bildungsforschung; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Ulrich von Knebel; Pädagogik bei Beeinträchtigungen der Sprache und des Sprechens; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Hans-Christoph Koller; Qualitative Bildungsforschung und Wissenschaftstheorie; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Günter Krauthausen; Mathematikdidaktik; Fachbereichsleiter FB 5; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Jürgen Kreft; Didaktik der deutschen Sprache und Literatur; Fakultät für Erziehungswissenschaft; Universität Hamburg
- Prof. Dr. Andrea Liesner; Erziehungs- und Bildungswissenschaft; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Thorsten Logge; Public History; Fachbereich Geschichte; Fakultät für Geisteswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Sílvia Melo-Pfeifer; Didaktik der romanischen Sprachen; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Kerstin Michalik; Didaktik des Sachunterrichts; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Astrid Müller; Didaktik der deutschen Sprache und Literatur; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Martin Neumann; Französische und Portugiesische Literaturwissenschaft; Institut für Romanistik, Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Claudia Osburg; Grundschulpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Angelika Paseka; Schulpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Dr. Wilko Reichwein; Berufspädagogik, Vertretungs-Prof. für Fachdidaktik Elektro- und Metalltechnik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Jan Retelsdorf; Pädagogische Psychologie; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Werner Rieß; Alte Geschichte; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Dr. Carola Roloff; Gastprofessorin; Buddhismus; Akademie der Weltreligionen, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Andrea Sabisch; Kunstpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft; Universität Hamburg
- Prof. Dr. Ingrid Schröder; Niederdeutsche Sprache und Literatur; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Joachim Schroeder; Pädagogik bei Beeinträchtigungen des Lernens; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Karl Dieter Schuck; Sonderpädagogische Psychologie und Diagnostik, Gründungsdekan der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Knut Schwippert; Empirische Bildungsforschung; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Peter Siemund; Englische Linguistik; Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Sandra Sprenger; Didaktik der Geographie; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Klaus Struve; Berufs- und Wirtschaftspädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker; Sozialpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Thomas Trautmann; Schulpädagogik, Grundschulpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. Dr. Jürgen Vogt; Musikpädagogik; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
- Prof. (i.R.) Dr. Michael Wimmer; Systematische Erziehungswissenschaft; Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg
… mit weiterer Unterstützung durch über 20 weitere Lehrende anderer Mitgliedergruppen.
- U.a. Kaija Kutter: Tüchtige an die Tafel. Schuldienst-Referendare in Hamburg. In: taz vom 4.2.2019; Peter Ulrich Meyer: Mehr angehende Lehrer beginnen Referendariat in Hamburg. In: Hamburger Abendblatt vom 1.2.2019. [↩]
- Vgl. Verordnung über die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für Lehrämter an Hamburger Schulen vom 4. September 2018 (http://www.rechtsprechung-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?nid=0&showdoccase=1&doc.id=jlr-SchulLehrVHA2018rahmen&st=null), § 4 und 5. [↩]
- Vgl. zum Professionscharakter des Lehrberufs Frank-Olaf Radtke: Autonomisierung, Entstaatlichung, Modularisierung. Neue Argumente in der Lehrerbildungsdiskussion? Anstelle einer Einleitung. In: Frank-Olaf Radtke (Hrsg.): Lehrerbildung an der Universität. Zur Wissensbasis pädagogischer Professionalität ; Dokumentation des Tages der Lehrerbildung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main, 16. Juni 1999. Frankfurt am Main 1999 (Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft Reihe Kolloquien, Bd. 2), S. 9–22; Frank-Olaf Radtke: Professionalisierung der Lehrerbildung durch Autonomisierung, Entstaatlichung,Modularisierung. In: Sowi OnlineJournal (2000), S. 1–8. [↩]
- Vgl. u.a. die in den Begründungen für die Lozierung auch der Volksschullehrerbildung an der Universität bei Rudolf Roß (Hrsg.): Vorschläge zur Reform der Lehrerbildung in Hamburg. Zugleich ein Beitrag zur Universitätsfrage. Hamburg, Hamburg 1913; im (später von Fritz Blättner unter seinem Namen publizierten) Gutachten des Vorbereitenden Vorstandes der sich neu gründenden Gesellschaft der Freunde von 1946 (Staatsarchiv Hamburg, 361–2 VI/1902: Maßnahmen zur Wiederherstellung der akademischen Lehrerbildung 1947–1957, hier Bl. 7.; Fritz Blättner: Denkschrift über die Wiederherstellung der akademischen Lehrerbildung in Hamburg. In: Die Lehrerbildung im Pädagogischen Institut der Universität Hamburg. Hamburg 1948 (Die Hamburger Erziehungsbewegung, Bd. 2), S. 53–66.), die Begründung des Senats für das Gesetz über die Volksschullehrerbildung an der Universität von 1947 („Auf Grund einer solchen wissenschaftlichen Ausbildung wird“ der Volksschullehrer „später auch im Stande sein, sich in die übrigen Fächer, die er im Volksschuldienst zu vertreten hat, soweit einzuarbeiten, daß er von dem Schullehrbuch innerlich unabhängig und den Quellen, Tatsachen und Lehrmeidungen kritisch gegenüberstehen wird.“; Staatsarchiv Hamburg, 361–2 VI/1902: Maßnahmen zur Wiederherstellung der akademischen Lehrerbildung, 1947–1957 (Anm. 4), S. 81–83.), und insbesondere die vom damaligen OSR Jürgens in einer Sitzung der Schulräte (Volksschule) vertretene Auffassung, es genüge nicht mehr, „durch die Lehrerbildung Regeln und Gewohnheiten handwerklichen Tuns in der Schule zu tradieren. Dies geschah in den alten Lehrerseminaren […] Die Schule“ von damals „brauche Lehrer, deren Allgemeinbildung und deren Berufsbildung auf der Höhe unserer Zeit seien. Sie müßten die Wandlung der Zeit erkennen und verstehen und daraus Schlußfolgerungen für die Arbeit der Schule ziehen können.“ Angesichts der deutlichen gesellschaftlichen, technischen und medialen Veränderungen seither, deren Bedeutung für schulisches Lehren und Lernen nicht ohne Grund in Form von „prioritären Themen“ und „Querschnittaufgaben“ aufgegeben wurden, gilt dies um so mehr. Jegliche verfrühte Praxis muss die systematische Reflexion dieser Bedingungen und damit auch die Nachhaltigkeit von Lehrerbildung und Schule beeinträchtigen, wenn nicht gar gefährden. [↩]